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Ska Ma!


Titelliste und Soundbeispiel

Ska: Entstehung und Entwicklung einer jamaikanischen Popularmusik


Der Ska, der am Ende der 1950er Jahre in Kingston/Jamaika entstand, gilt neben dem Rocksteady als direkter Vorgänger des Reggae. Seine Entstehung ist im Zusammenhang mit der jamaikanischen Unabhängigkeit im Jahre 1962 und der daraus resultierenden Suche nach einer neuen, nicht fremdbestimmten Identität zu sehen.

Der Ska ist eine Musik aus den urbanen Slums Jamaikas, deren Bewohner in dieser Zeit mit Musik aus unterschiedlichen Sphären in Kontakt kamen: Genres der eigenen Region mischten sich im Kulturkontakt mit Gattungen der gesamten Karibik und der USA.

Im sozialen Klima der politischen und kulturellen Aufbruchstimmung der frühen 1960er Jahre entstanden in Jamaika nacheinander drei eigenständige Musikgattungen: der Ska, der Rocksteady und der Reggae.

 

Besonders Einflüsse aus Nordamerika prägten das jamaikanische Musikleben der 1940er und 1950er Jahre. Im Zweiten Weltkrieg kam es zum verstärkten Kontakt der Jamaikaner mit schwarzer amerikanischen Popularmusik, als amerikanische Soldaten auf Jamaika stationiert wurden. Viele Jamaikaner hatten sich zudem seit den 1940er Jahren in den USA, Costa Rica, Panama oder Kuba als Erntehelfer anheuern lassen. Dort kamen sie mit dem Rhythm & Blues in Kontakt, Schallplatten wurden mit nach Jamaika gebracht. Um 1950 wurde das Interesse an amerikanischer Musik noch weiter gestärkt durch die Einrichtung von amerikanischen Radiostationen in und um Miami/Florida.

Besonders der Rhythm & Blues (R&B) aus den Vereinigten Staaten übte auf die Jamaikaner eine große Anziehungskraft aus. Der R&B entwickelte sich in den Jahren vor 1962 zum musikalischen Standard für die ärmere Stadt- und Landbevölkerung Jamaikas.

jamaika

Der am R&B interessierte Teil der jamaikanischen Bevölkerung war in der Regel arm und hatte selten Geld, sich Schallplatten, geschweige denn einen Plattenspieler zu kaufen. Diese limitierte Verfügbarkeit von Musik bzw. die erhöhte Nachfrage nach R&B wurde in Jamaika zum Auslöser für die Entwicklung der Sound Systems bzw. der soziomusikalischen Einrichtung des Sound System Dance: einige geschäftstüchtige Jamaikaner begannen, ihre eigenen Platten gegen Geld für andere abzuspielen, wodurch sich gute Einnahmen durch Eintrittsgelder erzielen ließen. Sie gründeten fahrbare Diskotheken, mit denen sie in gemieteten Hallen oder in den Slums auf der Straße gegen Eintritt importierte R&B-Platten abspielten. Diese Sound-System Tanzveranstaltungen wurden zum festen Bestandteil des (musikalischen) Lebens in Jamaika.

In den späten 1950er Jahren verlor der R&B seinen ursprünglichen Einfluß auf der Insel, er schaffte es nicht, sich die Gunst der jamaikanischen Hörer zu erhalten. Zeitgleich versiegte der Nachschub von R&B-Tonträgern aus den USA, weil dort eine neue Musik in Mode gekommen war: der Rock'n'Roll. Diese Entwicklung war für die Sound System-Besitzer katastrophal, denn sie hingen mit ihrem Betrieb vom stetigen Nachschub populärer Schallplatten aus den USA ab.

Was geschah? Man begann aus der Not heraus, Musik selbst zu produzieren. Die Sound System Besitzer taten das Naheliegende: sie eröffneten irgendwo im Keller oder Hinterhof ein Studio, engagierten Musiker und Sänger, um ihre eigenen Platten zu produzieren. In diesem Umfeld entstand der Ska.

Das, was zuerst nach einem Desaster für die Sound Systems aussah, wurde zu einem Wendepunkt der jamaikanischen Popularmusik. Ein völlig neuer, eigener Musikstil wurde geschaffen:

Was heißt "Ska"?

Zur Herkunft bzw. Bedeutung der Bezeichnung Ska existieren unterschiedliche Theorien:

Eine Möglichkeit ist, daß es sich um einen lautmalerischen Ausdruck handelt, der den speziellen Off-Beat-Stil der Ska-Gitarre beschreibt: ...man habe im Studio mit der Anweisung "play some staya staya" kommuniziert, um dem Gitarristen die Anweisung zu geben, den Ska-Rhythmus zu spielen.

Wer nun den Begriff Ska oder gar die Musik wirklich erfunden hat, kann nicht geklärt werden. Mehrere jamaikanische Musiker behaupten zwar, sie wären es gewesen, aber genau läßt sich das nicht mehr rekonstruieren. Die Existenz des Ska als eigenes Genre ist namentlich seit spätestens 1962 belegt.

Die Musiker des frühen Ska waren musikalisch von äußeren und inneren Faktoren geprägt: einerseits kamen sie mit der nordamerikanisch oder karibisch geprägten Musik dieser Zeit (R&B, Jazz, Calypso, Mento) durch Radio und Schallplatten in Kontakt, andererseits konnten sie auf ein reiches Repertoire afrikanisch-jamaikanisch geprägter Musikformen zurückgreifen (Jonkonnu, Pukkumina, Burru usw.). Viele waren ehemalige Schüler der Alpha Boys' School (Thommy McCook, Rico Rodriguez, Don Drummond, Roland Alphonso u.a.), einer von den Briten geleitete Schule in Kingston, in der jamaikanische Kinder westlich orientierten Musikunterricht erhielten, Instrumente leihen und in der schuleigenen Blaskapelle spielen konnten.


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Dominik Seidler M.A.

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